Betrachtung des BKR zum Hochfest Mariae Heimsuchung
Betrachtung zum Hochfest Mariä Heimsuchung
– für den Bund katholischer Rechtsanwälte (BKR) –
„Selig bist du, die du geglaubt hast.“
(Lk 1,45)
Am 2. Juli feiert die Kirche das Hochfest Mariä Heimsuchung, jenes bewegende Ereignis, bei dem Maria nach der Verkündigung zu ihrer Verwandten Elisabeth eilt – getragen von einem inneren Drang, der nicht Pflicht ist, sondern Liebe. Der Weg führt sie durch das Bergland von Judäa, durch körperliche Anstrengung und geistige Bereitschaft – auf einer inneren Linie der Berufung. Es ist der Weg jener, die dem Wort Gottes glauben und sich auf den Weg machen, um es zu leben.
Maria trägt das fleischgewordene Wort Gottes in sich – noch verborgen, aber wirksam. Und dieses Wort ist dynamisch. Es drängt sie zur Bewegung, zur Begegnung, zur tätigen Nächstenliebe. Im Gruß an Elisabeth spricht der Heilige Geist durch beide Frauen. Das Kind im Leib Elisabeths hüpft vor Freude, Johannes erkennt im Verborgenen seinen Herrn. Und Maria antwortet mit dem Magnificat – einem Lobgesang, der bis heute durch die Vesper der Kirche hallt.
Für uns katholische Juristinnen und Juristen ist diese Szene mehr als eine fromme Episode. Sie ist ein Bild unserer Berufung:
- Maria hört – und handelt.
Unsere Berufung als Christen im Rechtsberuf besteht nicht im bloßen Wissen, im Beharren auf Norm und Ordnung, sondern in einem glaubenden Hören und einem tätigen Antworten. Auch wir sind gerufen, aufzubrechen: zum Menschen, zur Gerechtigkeit, zur Wahrheit. - Maria eilt, nicht aus Pflicht, sondern aus Liebe.
Auch unser Engagement für Recht und Gerechtigkeit darf kein bloßes Pflichtprogramm sein. Es ist Ausdruck christlicher Caritas, der gelebten Gottes- und Nächstenliebe in der konkreten Gestaltung der Ordnung. - Maria bleibt demütig – auch im Triumph.
Das Magnificat ist ein Lob Gottes, nicht der eigenen Leistung. Auch wir sollen uns nicht selbst rühmen, sondern Zeugnis ablegen für den, der durch uns wirken will – auch im Gerichtssaal, im Büro, im Verwaltungsrat oder in der wissenschaftlichen Lehre. - Maria erkennt: Gott erhebt die Niedrigen und stürzt die Mächtigen vom Thron.
Dieses Wort ist kein Klassenkampf – es ist eine geistliche Ordnung. Der Maßstab Gottes ist nicht Macht oder Besitz, sondern Demut, Barmherzigkeit und Glaube. Als Rechtsanwälte, die in und für eine Gesellschaft arbeiten, sind wir mitverantwortlich dafür, dass dieser Maßstab nicht vergessen wird – auch in Gesetzgebung und Rechtsprechung.
Für den BKR ist die Heimsuchung auch ein Symbol: Wir sind berufen, als Gemeinschaft unterwegs zu sein. Unsere Besuche, unsere Korrespondenzen, unsere Interventionen – sie sollen vom Geist der Heimsuchung durchdrungen sein: respektvoll, lebensbejahend, heilig.
Gebet
Heilige Maria, du Trägerin des lebendigen Wortes,
du hast dich aufgemacht, ohne zu zögern,
weil du geglaubt hast, dass Gott Großes wirkt.
Lehre auch uns, den Ruf Gottes im Alltag zu hören,
mit wachem Herzen zu antworten
und im Recht nicht nur die Form, sondern das Leben zu suchen.
Steh uns bei in unserem Beruf,
dass wir stets Anwälte des Lebens,
Verteidiger der Würde und
Diener der Gerechtigkeit bleiben –
in der Kraft deines Sohnes, unseres Herrn Jesus Christus. Amen.