BKR wendet sich gegen „Cancel-Culture“ an Hochschulen
BKR-Stellungnahme zum „Canceln“ an einer katholischen Hochschule
Der jüngste Vorgang an der Hochschule für Philosophie München (HFPH), bei dem ein Vortrag des Philosophen Sebastian Ostritsch auf Druck protestierender Studierender abgesagt wurde, wirft ein erschütterndes Licht auf das Selbstverständnis akademischer Freiheit und katholischer Erziehung. Ein Institut, das sich als Stätte geistiger Bildung und kirchlicher Tradition versteht, darf sich — ausgerechnet im Namen „katholischer Identität“ — nicht der Bekämpfung kontroverser Meinung verschreiben, wenn diese meinerseits im Rahmen von Vernunft, Bibel und kirchlicher Lehre bleibt.
Meinungsfreiheit und akademische Pflicht
Die Absage erfolgte nach studentischem Druck und Protesten, in denen Ostritsch ausdrücklich als „gefährlich“ und sein Vortrag als untauglich diffamiert wurde — ohne dass konkrete inhaltliche Kritik substantiiert vorgetragen wurde. 
Dies stellt nicht nur einen Angriff auf die Meinungsfreiheit dar; es widerspricht auch dem Selbstverständnis einer Hochschule, die dem philosophischen und theologischen Diskurs verpflichtet ist. Dann nämlich, wenn ein katholischer Denker — mit durchaus traditionellen, aber im Rahmen der kirchlichen Lehre vertretbaren Positionen — nicht mehr hören darf, weil er unbequem ist, wird die Debattenkultur, auf der Kirche und Wissenschaft gleichermaßen ruhen, ad absurdum geführt.
Warnung vor Gewöhnung an „Cancel-Normen“
Als BKR sehen wir mit Sorge, dass sich ein „Institutionalisiertes Canceln“ ausbreitet — nicht mehr nur gesellschaftlich-politisch, sondern nun auch in kirchlichen und akademischen Räumen. Was heute als „wohlmeinender Protest“ beginnt, kann morgen die normierte Ausschaltung abweichender Stimmen sein. Der Fall Ostritsch zeigt, wie schnell eine vermeintlich pluralistische Hochschule unter dem Druck aktivistischer Gruppen ihre eigene Selbstverpflichtung aufgibt — mit fatalen Folgen für Meinungsvielfalt und christlich-katholische Debattenkultur.
Appell an Leitung und Gemeinschaft der Kirche
Deshalb fordern wir — im Namen vieler katholischer Rechtsanwälte — die Leitung der HFPH, die Kirchen- und Hochschulgemeinschaft sowie alle Katholikinnen und Katholiken dazu auf, konsequent für den Schutz von Wissenschafts- und Meinungsfreiheit einzutreten:
• Eingeladene Referenten dürfen nicht wegen politischer oder ideologischer Vorbehalte von Studierenden „ausgeladen“ werden, solange sie nicht gegen geltendes Recht verstoßen.
• Eine katholische Hochschule muss der Vielfalt des Denkens Raum geben — gerade dort, wo tiefgehende theologische und philosophische Fragen diskutiert werden.
• Der kirchliche Auftrag zur Wahrheit erfordert Mut zur Debatte; wer in Angst vor Protest schweigt, verhöhnt den Geist der Aufklärung und der katholischen Tradition zugleich.
Worte unseres Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden
„Ein derartiger Vorgang an einer katholischen Hochschule ist nicht nur ein Angriff auf den Einzelnen — er trifft das Fundament unseres Rechtsverständnisses und die Freiheit der Kirche, sich selbst denkend und streitbar zu begreifen.“
— Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Roger Zörb, Hamburg
„Wenn ein akademischer Raum sich weigert, kontroverse, aber legitime Gedanken zu hören, trägt er nicht zum Frieden der Kirche bei, sondern zu ihrer Versteinerung. Das kann nicht im Sinne christlicher Offenheit sein.“
— Prof. Dr. Sven‑Joachim Otto, Düsseldorf, stellvertretender Vorsitzender des BKR
Schlussbemerkung
Der Fall um Sebastian Ostritsch ist kein Einzelfall, sondern Teil einer besorgniserregenden Entwicklung — auch innerhalb katholischer Institutionen. Als Bund katholischer Rechtsanwälte setzen wir uns dafür ein, dass katholische Hochschulen weiterhin Räume der Debatte bleiben. Wo Kirche und Wissenschaft sich gegenseitig befruchten, darf es keine Angst vor „unangenehmen“ Gedanken geben. Schweigen ist niemals die christliche Antwort auf Dissens.