Betrachtung des BKR zu Mariae Empfängnis
Betrachtung zum Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria
Heute schauen wir mit jubelnder Dankbarkeit auf den Ursprung jener Frau, die Gott vom ersten Augenblick ihres Daseins an in eine unversehrte Freiheit stellte – eine Freiheit von der Sünde und eine Freiheit für die Hingabe an seinen Willen.
Maria ist nicht nur das „Tota pulchra“, die ganz Schöne, sondern auch das vollkommen Transparente: In ihr liegt kein Schatten, der das Wirken Gottes trübt. Sie ist das reine Ja des Menschen zum heiligen Gott.
Das Fest der Gnade – und unser Beruf der Gerechtigkeit
Wir Juristinnen und Juristen sprechen täglich über Ordnung, Recht, Verantwortung und Schuld. Und gerade darum trifft uns dieses Fest so unmittelbar:
• Maria zeigt uns, wie Gott den Menschen ursprünglich gedacht hat – nicht belastet, nicht gebrochen, sondern frei, klar, schön vor Gott.
• Im Recht sehen wir ständig die Folgen der gefallenen Welt: Konflikte, Schäden, Streit, Irrtümer, Fehlentscheidungen.
• Dieses Fest aber lässt uns ahnen, was vor aller Schuld war und was nach aller Schuld wieder sein soll: das geheilte Verhältnis zwischen Mensch und Gott, Wahrheit und Freiheit, Gesetz und Liebe.
Für uns katholische Rechtsanwälte heißt das:
• Wir dienen einer Gerechtigkeit, die größer ist als Paragraphen.
• Wir erinnern uns daran, dass vor jeder Schuld ein Mensch steht, der zur Freiheit geschaffen ist.
• Wir dürfen in Mandaten und Gutachten manchmal das tun, was Maria getan hat: bewusst das Gute hervorheben, das Licht, den Funken Gottes in jedem Menschen.
• Und wir dürfen für die Welt des Rechts erbitten, dass sie nicht kalt und mechanisch bleibt, sondern vom Geist Gottes berührt wird, der Maria zur „neuen Eva“ machte.
Das Ja der Unbefleckten – ein Ruf an unser berufliches Gewissen
Maria ist die Frau des hörenden Herzens. Sie ist ganz aufmerksam auf Gottes Wort und dadurch zur Mutter des Erlösers berufen worden.
Unser Berufsalltag ist geprägt von Entscheidungen – oft komplex, oft mit Grautönen, manchmal mit weitreichenden Folgen.
Maria erinnert uns daran,
• dass Rechtsfindung ohne Gewissen nicht möglich ist,
• dass berufliche Integrität auch dann gilt, wenn niemand zusieht,
• dass Recht und Barmherzigkeit nicht Gegensätze sind,
• und dass unser Ja – unser tägliches berufliches Ja – kraftvoll, klar und wahrhaftig sein darf.
Wie Maria dürfen wir sagen:
„Mir geschehe, wie du es willst“ – und daraus Mut, Objektivität und innere Reinheit schöpfen.
Die Unbefleckte Empfängnis als Trost in einer gebrochenen Welt
Wir erleben in unserem Umfeld Rechtsunsicherheiten, gesellschaftliche Polarisierung, moralische Orientierungsnot. Manche Mandanten kommen zu uns mit Schicksalen, die uns innerlich schwer werden lassen.
Das heutige Hochfest aber sagt:
Die Sünde hat nicht das letzte Wort.
Noch bevor die Menschheit in Christus erlöst wurde, ordnete Gott in Maria bereits den Anfang der Heilsgeschichte neu.
Das ist Trost – aber auch Auftrag:
Wir dürfen Werkzeuge dieses Neuordnens sein, Orte, an denen Menschen Gerechtigkeit erfahren, Wahrheit finden, Würde zurückgewinnen.
Psalm für den heutigen Tag (Psalm 85)
(In einer leicht liturgisch akzentuierten Fassung)
Ich will hören,
was Gott, der Herr, redet:
Frieden verkündet er seinem Volk.
Es ist nahe denen, die ihn fürchten,
dass seine Herrlichkeit wohne in unserem Land.
Es begegnen einander Huld und Treue,
Gerechtigkeit und Friede küssen sich.
Treue sprosst aus der Erde hervor,
Gerechtigkeit schaut vom Himmel herab.
Der Herr gibt Gutes,
und unser Land bringt reichen Ertrag.
Gerechtigkeit zieht vor ihm her,
und Heil folgt der Spur seiner Schritte.
Gebet zum Hochfest Mariä Empfängnis (für den BKR)
Gott, du Quell aller Gerechtigkeit und aller Gnade,
heute feiern wir die ohne Sünde empfangene Jungfrau Maria,
in der dein Licht vollkommen aufleuchten durfte.
Lass uns, die wir im Recht tätig sind,
durch ihre Fürsprache ein hörendes Herz gewinnen,
Mut zur Wahrheit, Klarheit in Entscheidungen
und Milde im Umgang mit den Menschen,
die uns anvertraut sind.
Bewahre uns vor Härte des Urteils,
vor Blindheit gegenüber den Schwachen
und vor Gleichgültigkeit gegenüber der Wahrheit.
Schenke unserer Arbeit die Reinheit des Blickes,
die Maria ausgezeichnet hat,
und mache uns zu Werkzeugen deiner Gerechtigkeit,
damit Huld und Treue, Recht und Barmherzigkeit
auch in unserem beruflichen Alltag sichtbar werden.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
Amen.
