BKR geht auf Distanz zu Ann-Katrin Kaufhold
Bund Katholischer Rechtsanwälte (BKR): Juristisch begründete Kritik an der Nominierung von Prof. Dr. Ann-Katrin Kaufhold zur Richterin am Bundesverfassungsgericht
Der Bund Katholischer Rechtsanwälte (BKR) nimmt mit Sorge zur Kenntnis, dass mit Prof. Dr. Ann-Katrin Kaufhold eine Kandidatin zur Richterin des Bundesverfassungsgerichts nominiert wurde, die in der juristischen Debatte um das Verhältnis von Art. 14 und Art. 15 GG eine Auffassung vertreten hat, die nach Einschätzung des BKR nicht mit der etablierten verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zur Eigentumsgarantie in Einklang steht.
„Die Eigentumsgarantie in Art. 14 GG ist – auch in ihrer sozialen Ausprägung – ein Abwehrrecht gegen staatliche Übergriffe. Sie dient der freien Entfaltung des Einzelnen, nicht einer politischen oder wirtschaftlichen Homogenisierung. Wer Art. 15 GG zur Blaupause für großflächige Kollektivierungsprojekte macht, verlässt den Boden der verfassungsrechtlich normierten Eigentumsordnung.“
— Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Roger Zörb, Hamburg, Vorsitzender des BKR
Prof. Kaufhold hat nach übereinstimmenden Berichten das Land Berlin im Rahmen der Debatte um das sog. „Vergesellschaftungsgesetz“ rechtlich beraten. In diesem Kontext vertritt sie offenbar ein Verständnis von Art. 15 GG, das diesen aus einer historischen Ausnahmeregelung zu einem praktisch aktivierbaren Umverteilungsinstrument im sozialen Wohnungsbau erhebt. Aus Sicht des BKR lässt sich dies nicht mit der verfassungsrechtlichen Systematik vereinbaren, nach der Art. 15 GG eine grundlegend andere Struktur als Art. 14 GG aufweist – nämlich als Enteignung sui generis mit konstitutiver Gesetzgebungspflicht und nicht nur kompensatorischer Abgeltung.
„Die geltende Dogmatik verlangt eine strikte Trennung zwischen Inhalts- und Schrankenbestimmung gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG, klassischen Enteignungen nach Art. 14 Abs. 3 GG und der nur theoretisch möglichen Vergesellschaftung nach Art. 15 GG. Die Konstruktion eines allgemeinen Eingriffsrechts zur Umwandlung privaten Eigentums in Gemeineigentum per Gesetz widerspricht dieser Systematik – und führt zu einer Verschiebung von grundrechtlichen Abwehrrechten hin zu kollektiven Zugriffsbefugnissen des Staates. Das unterhöhlt das Prinzip der normativen Individualität.“
— Rechtsanwalt Prof. Dr. Sven-Joachim Otto, Düsseldorf, stellv. Vorsitzender des BKR
Gerade im Bereich des Eigentumsrechts verlangt das Grundgesetz eine fein abgestufte Verhältnismäßigkeitsprüfung und eine hohe Legitimität jeder Einschränkung. Wer hier – wie Prof. Kaufhold – durch ihre wissenschaftliche und gutachterliche Tätigkeit einen weit ausgreifenden Zugriff des Staates auf privates Eigentum befürwortet, setzt ein anderes Verständnis der verfassungsrechtlichen Eigentumsdogmatik voraus, als es das Bundesverfassungsgericht bislang anerkannt hat.
Der BKR sieht darin kein pauschales disqualifizierendes Moment – warnt aber mit Nachdruck davor, eine Verfassungsrichterin zu ernennen, die sich in dieser zentralen Frage nicht erkennbar dem bestehenden Dogmenbestand verpflichtet sieht, sondern diesen in der Tendenz politisch erweitern möchte. Ein solcher Schritt birgt das Risiko, dass das Bundesverfassungsgericht – gerade bei zukünftigen Verfahren zur Eigentumsgarantie – nicht mehr als neutraler Schiedsrichter, sondern als politischer Akteur wahrgenommen wird.